Schaltungsdesign
Dem Schaltungsdesign wird allgemein die höchste Bedeutung bzgl. der EMV zugeschrieben. Zweifelslos spielt dies auch eine sehr wichtige Rolle. Jedoch sie ist nur eine von vielen.
Erwarten Sie also bitte nicht, dass dieser Beitrag alle EMV-Probleme löst. Dafür ist die EMV zu komplex.
So gibt es auch keine allgemeingültigen Regeln nach dem Motto „Beachte bei der Schaltung dies und jenes und Du bestehst die Tests“. Es gibt allerdings einige grundlegende Aspekte, die für eine gute EMV immer notwendig sind. Diese möchte Ihnen erläutern.
Schaltplan zeichnen bedeutet EMV planen
Einen Schaltplan EMV-gerecht zu zeichnen gleicht beinahe der Quadratur des Kreises.
Deshalb:
Vor dem Zeichnen des Schaltplans steht die gezielte Analyse von potenziellen Störquellen und Störsenken, die schon im Blockschaltbild beginnen kann. Ein gezieltes Masse- und Versorgungskonzept sind essenziell für den Erfolg.
Jeweils eine Masse für den Digitalteil, eine für den Leistungsteil, noch eine für den Analogteil, und, und … Macht sowas Sinn?
Nein!!! Es kann nicht oft genug gesagt werden. Getrennte Massen sind die Ursache für viele EMV-Probleme!
Aufgabe des Schaltplans
Auf der einen Seite muss der Schaltplan übersichtlich sein, auf der anderen Seite soll er alle wichtigen Informationen enthalten. Ein wesentlicher Aspekt für die Lesbarkeit ist die Verwendung von speziellen Symbolen für Masse, Ground, oder die verschiedenen Spannungslevel.
Hierin liegt für die EMV aber ein wesentliches Problem. Ein einheitliches Zeichen suggeriert, dass an diesen Stellen das gleiche Potenzial anliegt. Das gilt aber nur für den DC-Fall.
Eine Leitung ist kein Kurzschluss!
Jedes Stück Kupfer (oder sonstigem Leitermaterial) – egal ob Leiterbahn, Kabel oder Gehäuse – hat mit steigender Frequenz eine zunehmende Impedanz.
Das bedeutet: zwischen 2 Punkten herrscht immer ein unterschiedliches HF-Potenzial. Dies führt zu Ausgleichströmen und Spannungsabfällen. Die sind Ursache von Emissionen. Koppeln HF-Störungen von außen ein, fällt hier eine Spannung ab. Eine Ursache für Störfestigkeitsprobleme.
EMV-Hinweise als Bestandteil jedes Schaltplans
Die skizzierten und weitere sich widersprechende Anforderungen an den Schaltplan sind i.d.R. mit der klassischen schematischen Zeichnung eines Stromlaufplans nicht darstellbar.
Die EMV-Anforderungen müssen beispielsweise als Klartext ergänzt werden. Ob dies direkt in den Schaltplan geschrieben werden sollte oder in einem separaten Dokument formuliert wird, hängt vor allem von der Komplexität der Schaltung ab. Mehr dazu im nächsten Kapitel ‚EMV-gerechtes Layout‚.
Sehr wichtig ist in dieser Phase auch eine enge Verzahnung mit Mechanik und Software.
Geschlossene Stromkreise
Parasitäre Elemente werden im Layout Teil der Schaltung – störende, aber auch nützliche. Die wichtigste Regel überhaupt: Beachten Sie immer den Pfad des Rückstroms.
Denken Sie in geschlossenen Strompfaden! Klingt trivial, ist es aber nicht. Die Überlegung zum Rückpfad endet oft am Massezeichen im Schaltplan. In der Folge werden große Schleifen aufgespannt. Scheunentore für Ein- und Abstrahlung.
Genug von ständigen EMV-Überarbeitungen?
EMV-Probleme vom Tisch bekommen
Risiken und Rekursionsschleifen reduzieren
Ihre Entwickler haben wichtigeres zu tun, als zum Projektende einen großen Teil ihrer Zeit für EMV aufzuwenden
Termine im Plan – EMV- und Produkt-Kosten reduziert
Problemlösungen, die auch beim nächsten Mal funktionieren
EMV-gerechtes Layout – das Paradox der Masse
EMV auf der Leiterplatte – der Entwicklungsschritt mit dem höchsten EMV-Potenzial
EMV-gerechtes Massekonzept
Der größte Vorteile von Leiterplatten mit mindestens 4 Lagen: min. eine durchgängige Masselage.
Und gleich vorweg: andere Leitungen haben hier nichts zu suchen. Niemals.
Masselage ist Pflicht
Eine durchgängige Masselage. Keine Schlitze. Keine anderen Signale. Keine enge Aneinanderreihung vieler Vias (diese wirken wie Schlitze).
Masselage durchgängig, ohne Wenn und Aber!
Wer glaubt sich dies nicht leisten zu können, zahlt immer an anderer Stelle deutlich drauf.
Kein Platz für eine Masselage?
Das Totschlagargument ‚wir haben dafür keinen Platz‘, ist keines.
Ohne Masselage brauchen Sie mehr Platz und Budget. Sie müssen die Vorteile der Masselage aufwändig anders darstellen. Meist ist dies gar nicht möglich. z.B. bei Frequenzen ab etwa 100 MHz.
Oft wird versucht EMV-Störungen vorzubeugen, in man z.B. statt einer Masse mehrere verschiedene verwendet. Man will Schaltungsteile mit unterschiedlichen Störpotentialen dadurch trennen. Dies folgt der Idee, dass im Layout oder Kabelbaum damit „zusammengehörende“ Signale eng beieinander ausgeführt werden und damit gleichzeitig Verkopplungen verhindert werden sollen.
Die Grundidee ist richtig – die Umsetzung falsch! Dazu gleich mehr.
Die Masse ist kein Mülleimer!
Einfach alle Signale auf die Masselage zu beziehen ist zu einfach gedacht. Die Masse muss 2 sich wiedersprechende Aufgaben übernehmen.
- Sie soll für alle Baugruppen ein einheitliches ruhiges Bezugspotential zur Verfügung stellen.
- Alle Störungen sollen möglichst schnell über sie abgeleitet werden.
Zwei sich im ersten Moment widersprechende Eigenschaften – hier schlägt die Stunde eines guten Zonenkonzepts.
Masse aufteilen? Keine gute Idee!
Eine Masse für Endstufen, eine für den Rechnerkern, eine für analoge Teile, etc.
Verabschieden Sie Sich sofort von dieser Überlegung. Sie wird der EMV das Genick brechen!
Was passiert?
Die verschiedenen Massepotentiale werden nur an wenigen Stellen verbunden. Die verschiedenen Schaltungsteile müssen aber miteinander kommunizieren. In Folge werden Signalleitungen über Masseschlitze geroutet. Die Rückströme müssen Umwege nehmen (Schleifen entstehen) und/oder werden durch unnötige Engstellen gezwängt (erhöhte galvanische Verkopplung).
Deshalb: Niemals Signalleitungen über Massespalten routen. Es bewirkt das Gegenteil von dem was beabsichtigt war.
Die Erfahrung: fast immer verschlechtert eine Auftrennung der Masse die EMV-Situation!
Chancen der Masselage nutzen
Bei keinem Projekt, bei dem ich eine durchgängige Masselage vorgeschlagen hatte, musste deswegen die Anzahl der Layer erhöht werden!
Es sein denn wir kamen von 2 Lagen. Dazu später mehr.
Im Hinblick auf stetig steigende Frequenzen und gleichzeitig immer höheren geschalteten Leistungen gilt es die Masse und mit ihr das gesamte Versorgungskonzept differenzierter zu betrachten.
In wenigen speziellen Einzelfällen kann es sinnvoll sein dennoch eine Massetrennung vorzunehmen. Das ist nur etwas für EMV-Profis.
Masseschleifen sind nicht per se schlecht
Kaum etwas wird so verteufelt wie Masseschleifen. Dabei können sie nützlich sein. Zu unterscheiden ist, ob sie entkoppelnder (gut) oder verkoppelnder (schlecht) Natur sind.
Eine erste Analyse erfolgt in der Konzeptphase z.B. anhand eines Blockschaltbildes. Hier lässt sich erkennen, wo entkoppelnde Strukturen genutzt werden können. Die Realisierung ist aber sehr stark von der konkreten Umsetzung im Layout anhängig und muss immer wieder überprüft werden. Kleine Änderungen können die Wirkung ins Gegenteil verkehren.
Versorgungskonzept – das A und O einer guten EMV
Grundgerüst jeder guten Schaltungsumsetzung ist das Versorgungskonzept.
Hochfrequente Emissionen sind mehrheitlich auf Oberwellen von Schaltvorgängen zurückzuführen. Sie stellen hochfrequente Mikroeinbrüche von Versorgungssystemen dar. D.h. je „härter“ ein Versorgungssystem ausgelegt ist, umso niedriger fallen Emissionsprobleme aus.
Der Impedanzverlauf des Versorgungssystem muss möglichst flach sein.
Dies erhöht gleichzeitig die Störfestigkeit und sorgt für eine höhere Signalintegrität.
Stabile Versorgung
Basis jeder guten EMV: ein gutes Versorgungssystem.
Im Allgemeinen wird die Versorgungsspannung mittels Stützkondensatoren „beruhigt“. Dies hat jedoch Grenzen. Jenseits von 100 MHz wird es zunehmend schwer mit realen Kondensatoren die notwendige Stützwirkung zu erreichen.
Gedruckte Bauelemente
Hier schlägt die Stunde des Layouts: Flächenkondensatoren.
Im Gegensatz zur Masse werden diese nicht über ganze Layer geführt. Dies würde den Platzbedarf im Layout sprengen. Und solch raumgreifende Strukturen werden schnell kontraproduktiv.
Bei Flächenkondensatoren müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Da diese sehr produktspezifisch sind, würde es den Rahmen dieser Bibliothek sprengen, sie alle zu erklären.
Zonenkonzept
Es geht darum störende und empfindliche Baugruppen zu trennen. Einfacher gesagt als getan.
Im Vorteil ist, wer zu Projektbeginn eine EMV-Risiko-Analyse durchgeführt hat. Deren Ergebnisse fließen hier ein. Es wird i.d.R. mehr als 2 Zonen brauchen. Überlegen Sie sich: in welcher Beziehung zueinander stehen sie und nehmen Sie eine Gewichtung vor. Achten Sie darauf, wie Sie die Verbindungen zwischen unterschiedlichen Bereichen gestalten. Falsch gemacht können hier schnell störende Schleifen aufgespannt werden.
Stecker
Hat Ihre Baugruppe mehr als einen Stecker? Die Anordnung der Stecker wird zu einem entscheidenden Faktor für den EMV-Erfolg. Vermeiden Sie gegenüber liegende Stecker. Dies führt zu ungewünschten Verkopplungen. Die angeschlossenen Leitungen bilden zudem eine Dipol-Antenne über die Störungen ab- oder einstrahlen.
Ein gutes Zonenkonzept verhindert viele EMV-Probleme und macht dadurch den Einsatz manches Filters überflüssig. Am Beispiel der Stecker sehen Sie, dass Sie sich wieder einmal früh mit Kollegen anderer Fraktionen austauschen müssen.
Königsklasse: 2 Lagen
2-lagige Layouts sind aus EMV-Sicht die Königsklasse. Mit ihnen ist es sehr viel schwieriger ein bestimmtes EMV-Ziel zu erreichen als mit Multilayern.
Das gerne vorgebrachte Kostenargument ist keines.
Grund: zusätzliche Entstörmaßnahmen, die bei 4 oder mehr Lagen und gut gemachten Layouts entfallen.
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Leiterplattenaufbau
Lange vor der Frage wie das Leiterplattenlayout aussieht, sind 2 andere Fragen zu beantworten.
- Welche geometrische Form hat die Leiterplatte?
- Welchen Lagenaufbau soll man wählen?
Geometrie der Leiterplatte
Über die geometrische Form der Leiterplatte machen sich leider nur sehr wenige Gedanken. Es wird von anderen Parametern vorgegeben. An erster Stelle: der zur Verfügung stehende Bauraum. Die Frage nach der Leiterplattengeometrie kann nur zu Beginn eines Projekts sinnvoll diskutiert werden. Wenn man mit dem Layout startet ist es zu spät.
Warum ist die Geometrie wichtig?
Vermeiden Sie auf jeden Fall wilde Strukturen mit vielen Ecken, Einkerbungen, etc. Eine gute EMV lebt u.a. von 2 wichtigen Layoutparametern. Diese gelten gleichermaßen für Kabelbäume.
- Wege so kurz wie möglich halten
Je kritischer ein Schaltungsteil ist (egal ob bzgl. Störfestigkeit oder Emission) desto wichtiger ist diese Regel. Zerklüftete Geometrien erschweren die Einhaltung. Ziel sollte ein nicht zu langgestrecktes Rechteck sein. - Hin- und Rückleiter parallel führen
Nur auf den ersten Blick hat dies nichts mit der Geometrie zu tun.
Aber, bei komplizierten Geometrien wird immer schwieriger, sich daran zu halten. Schließlich sind auch noch ein paar andere Regeln zu beachten.
Eine klare einfache Geometrie erleichtert die Einhaltung vieler EMV-Regeln. So ist das wichtige Zonenkonzept bei einer zerklüfteten Geometrie kaum umsetzbar.
Setzen Sie Sich zu Beginn eines Projektes mit allen Fraktionen zusammen, die Einfluss auf und Interesse an der Geometrie der Leiterplatte haben. An erster Stelle ist hier die Mechanik-Konstruktion zu nennen. Finden Sie zu Projektstart den besten Kompromiss für alle!
Lagenaufbau
Multilayer-Leiterplatten haben viele Vorteile für die EMV. Die Mehrkosten werden durch die Vorteile meist mehr als ausgeglichen. Einer dieser Aspekte ist die Frage wie der Abstand der jeweiligen Lagen zueinander gewählt wird. Der naheliegendste: Alle Lagen haben den gleichen Abstand. Diese Wahl ist aber oft die schlechteste. Sie verschenkt viel Potential.
Lagenkapazitäten zur Entstörung nutzen
Schauen wir uns einen klassischen Plattenkondensator an. Je enger die Platten zusammengebracht werden, desto höher wird die Kapazität. Und je höher die Kapazität desto geringer die Impedanz. Diesen Effekt macht man sich bei der EMV zu Nutze. Je kleiner der Abstand der beiden Lagen ist, desto besser wirkt die gebildete Plattenkapazität bei hohen Frequenzen.
So haben Untersuchungen gezeigt, dass bei 200 µm oder mehr Abstand eine Anordnung der Blockkondensatoren eng bei den zu entstörenden Bauteilen notwendig ist. Wird der Abstand aber auf 100 µm verkleinert ist dies nicht mehr zwingend notwendig. Die Blockkondensatoren können breiter verteilt werden. Eine flächige Entstörung wird möglich. Gut gemacht führt dies zu einer Reduzierung der benötigten Kondensatoren bei gleichzeitig besserer EMV.
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