Mit dem Schaltplan? Mit dem Layout? Oder erst, wenn die Tests beginnen? Alles zu spät!
Erfolgreiche EMV-Entwicklung beginnt mit dem Projektstart. Das spart Zeit, Geld und Ärger.
Ein wesentlicher Grund für nicht bestandene EMV-Tests ist sehr oft, dass man sich zu spät im Entwicklungsprozess um die EMV gekümmert hat.
Zwei Aussagen über EMV begegnen mir immer wieder:
- Sie sei schwarze Magie.
- Sie könne am besten entwickelt werden, wenn die ersten Entwicklungsmuster auf dem Labortisch liegen.
Beides ist grundfalsch und vor allem letzteres ist die Ursache für viele nachgelagerte Probleme.
„Wenn du wenig Zeit hast, nimm dir am Anfang viel davon.“
Ruth Cohn (1912 – 2010) dt. Psychologin
Früh, früher, besser
EMV sollte von der ersten Produktidee (!) an in die Entwicklung einbezogen werden.
Dies ist auch ohne Simulationswerkzeuge möglich. EMV-Simulationstools entwickeln sich immer mehr zu mächtigen Werkzeugen, die viel Know-how und Erfahrung erfordern. Dies gilt insbesondere für Feldsimulationen. Wenn die Ressourcen vorhanden sind, sollten Simulationen eingesetzt werden.
In den meisten Fällen funktioniert es aber auch ohne. Man braucht „nur“ einen anderen Blickwinkel. Ein frühzeitiges, iteratives Vorgehen ist notwendig. Am Ende reduziert dies den Gesamtaufwand für die EMV erheblich.
EMV ist Handwerk
Wie bei jedem Handwerk gilt:
- Man kann es lernen
- Erfahrung hilft, es besser zu verstehen
- Wenn ich es nicht selbst lernen will, kann ich einen Experten beauftragen
Oberstes Gebot: Früh anfangen!
Verbreitete Praxis – die zu 70 % schiefgeht
Übliches Vorgehen ist erst mal die Schaltung / das Produkt zu entwickeln. Evtl. werden EMV-Schutzmaßnahmen nach Bauchgefühl vorgehalten.
Frei nach dem Motto „kann ja nicht schaden – wenn ich sie nicht brauche, werden sie halt nicht bestückt“.
Es folgt eine EMV-Messung nach Norm. In 70 % der Fälle mit negativem Ergebnis*. Dann werden Filter oder Schirmmaßnahmen ergänzt und wieder gemessen. Und wieder. Und wieder.
* Ergebnis einer Befragung von EMV-Laboren: ca. 70 % aller Erst-Tests werden nicht bestanden.
Und dann …
Filter – Fluch und Segen
Nicht wenige Filter sind kontraproduktiv, kosten viel Geld, beanspruchen unnötig Bauraum und Gewicht. Im schlimmsten Fall verschlechtern sie das EMV-Verhalten.
Das muss nicht an den Filtern selbst liegen. Die Frage ist, wie sie ausgewählt, dimensioniert und wo sie platziert werden.
Zugekaufte Filter haben das Problem, dass sich ihre spezifizierten Werte auf eine 50-Ohm-Messumgebung beziehen. In den seltensten Fällen findet man aber 50 Ohm in der Anwendung.
Schirme
Auch Schirme sind kein Allheilmittel und funktionieren nur, wenn sie an die konkreten Bedingungen angepasst sind. Sonst verwandeln sie sich gerne in Antennen und verschlechtern das Ergebnis.
EMV beginnt bei Projektstart
Bereits zu Beginn eines Projektes kann man sich Gedanken zur EMV machen und die richtigen Weichen stellen. Der erste Schritt in der EMV-Entwicklung ist immer eine Risikoanalyse. Mit einfachen Analyseverfahren lassen sich Störer und Mimosen in der Schaltung erkennen – im Blockschaltbild (oder einer Funktionsskizze) meist einfacher als im fertigen Schaltplan.
Ziel ist es, Störungen bereits in frühen Entwicklungsphasen zu vermeiden, statt sie später mit hohem Zeit- und Kostenaufwand zu beseitigen.
Filter nicht nach Bauchgefühl
Wo sind Ferrite, Kondensatoren und andere Filter wirklich notwendig und sinnvoll?
An dieser Stelle sei angemerkt, dass das Motto ‚viel hilft viel‘ im Zusammenhang mit EMV Unsinn ist. Ich habe schon so manches EMV-Problem durch Weglassen vermeintlicher Schutzmaßnahmen gelöst.
Vom Groben zum Detail
Mit fortschreitender Entwicklung gehen Sie iterativ immer mehr in die Tiefe. Sie übersehen keine potenziellen EMV-Schwachstellen und können sofort die richtigen Weichen stellen. Bereits während der Entwicklung führen Sie erste Messungen durch. Dafür brauchen Sie keinen großen Messgerätepark – und auch kein spezielles EMV-Labor. Aufwand und Budget bleiben überschaubar.
Über den Tellerrand hinausschauen
Wichtig ist auch immer der Blick über den Tellerrand hinaus. Wie sieht die Systemumgebung aus? Sie ist NIE rückwirkungsfrei! Also: Welche Einflüsse kommen von außen? Es ist wichtig, auch die meist wenig bekannten „Randeinflüsse“ wie Mechanik, Software, Fertigung etc. zu berücksichtigen.
Wichtig: EMV ist Teamarbeit.
Die richtigen Weichenstellungen können und müssen (!) bereits zu Beginn des Entwicklungsprozesses vorgenommen werden.
Eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweisen finden Sie im Beitrag EMV-Design.
Gerne unterstütze ich Sie auch bei der Umsetzung eines EMV-gerechten Designs bereits im Entwicklungsprozess.
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Lassen Sie uns in einem Telefonat klären, wie ich Ihnen helfen kann.
Martina Kreutz ist Dipl.-Ing. (FH) der Elektrotechnik, Gründerin der KREUTZ EMV GmbH, zertifizierte Projektleiterin (GPM) und Sprecherin auf verschiedenen Fachkonferenzen.
Seit 1996 brennt sie für die EMV. In über 100 Projekten hat sie die EMV ins Ziel gebracht.
Als Consultant löst sie heute die EMV-Probleme ihrer Kunden und zeigt ihnen, wie sie diese in Zukunft vermeiden können.
Neben der Lösung ist ihr wichtig, auch die Ursachen aufzuzeigen. Nur wer die Ursachen und Zusammenhänge kennt, kann EMV-Probleme in Zukunft vermeiden.
Ihr Ansatz: EMV ist Teamarbeit. Viele Beteiligte sind sich ihres Einflusses nicht bewusst.
Wenn man sie ins Boot holt und mit der EMV am Anfang des Projektes beginnt, werden die EMV-Tests meist auf Anhieb bestanden.
Hierfür hat sie einen eigenen Prozess entwickelt, der sich leicht in die Entwicklungsprozesse der Firmen integrieren lässt.